In meinem Wahlpflichtfach “Service Design” sollte ich mit meinem Team einen Service zum Thema “Future Mobility” entwickeln.
Während wir in der Ideenfindungsphase Vorschläge sammelten, fiel mir auf, dass die meisten Themen sich um Carsharing, Flugtaxen oder andere z.T. illusorische Zukunftstechnologien drehten und dass es hauptsächlich darum ging, möglichst schnell und komfortabel von A nach B zu kommen. Bereits bestehende, bewährte oder auch als altmodische empfundene Verkehrsmittel schienen keiner Beachtung wert zu sein. Darum lenkte ich meine kreative Aufmerksamkeit auf ein Stiefkind der Mobilität, der Eisenbahn.
Die Eisenbahn ist bekanntlich wegen dem geringen Rollwiderstands wesentlich umweltfreundlicher als konventionell oder auch elektrisch angetriebene Straßenfahrzeuge, vom Flugzeug ganz zu schweigen. Mir schwebte ein Service vor, der eine Bahnfahrt zu einem Erlebnis macht, bei dem vielleicht der Weg das Ziel ist, wodurch das Fahren Erfahrungen gesammelt werden können.
Eine meiner Ideen war eine Art zuginternes Soziales Netzwerk, wo sich die Reisenden verabreden und persönlich treffen können, statt nur stur in ihre Smartphones zu starren.
Das Thema kam so gut an, dass wir uns die Eisenbahn zum Thema wählten und Bahnfahrer nach ihren Erfahrungen befragten.
Entgegengesetzt unserer Erwartungen, wünschten unsere Teilnehmer keine zusätzlichen Services während der Zugfahrt. Zugfahren wird als entspannend wahrgenommen und nur die wenigsten gaben an sich während der Zugfahrt zu langweilen. Anders sah dies beim Umsteigen aus. Unsere Teilnehmer sind währenddessen besonders gelangweilt und/oder gestresst. Oft werden aus Angst den Anschlusszug zu verpassen oder das Gepäck zu verlieren lange Wartezeiten an der Bahnsteigkante verbracht.
Wir fragten uns, ob man nicht die Gelegenheit nutzen könnte, um einer Stadt, in die man vielleicht niemals wieder kommen wird, einen Kurzbesuch abzustatten. Aus dem lästigen, ungeliebten Umsteigen würde so ein Erlebnis werden können, die Fahrt zu einer Reise.
Der Reisende erfährt spätestens am Bahnhof vom Service “Umsteigetourismus”, wird neugierig und installiert sich eine App als Touchpoint, die ihn ab jetzt durch den Service führt und als ersten Schritt das hemmende Reisegepäck übernimmt. Noch schnell die Interessensgebiete auswählen, eine vorgeschlagene Tour wählen, selber planen oder einfach nur drauflos schlendern und die Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten und Angeboten genießen. Der Service behält nicht nur den Zeitplan im Auge, er kann auch auf Wunsch eigenständig die Stadttour verlängern und die Anschlussverbindungen automatisch umbuchen. Der Umsteigetourist kann sich ganz unbesorgt seinen Interessen widmen, Shoppen, Kunst und Kultur genießen, die App wacht über die Fahrtunterbrechung. Als Abschluss und Highlight wird dem Reisender vielleicht sogar vom Dienstmann Aloisius der Koffer direkt an den Zug gebracht.
Vom Umsteigetourismus profitiert die Stadt mit ihren Geschäftsleuten, die Bahn gewinnt zusätzliche Kunden, für die dieser Service ein Grund mehr ist, den Zug statt dem Auto zu benutzen und nicht zuletzt der Reisende, der voller neuer Eindrücke zufrieden seine Fahrt fortsetzt. Denkbar ist auch, dass Reisende ihre Fahrt extra dafür unterbrechen, und so eine neue sanfte Tourismusart gefördert wird.